Mittwoch, 29. Mai 2013

//Herr Attia und die Metaebene//

Als ich im Sommer 2012 zur documenta (13) nach Kassel fuhr, hat mich die Arbeit eines Künstlers besonders beeindruckt: Kader Attia. Einen ganzen Raum des Fridericianums hatte er mit Regalen voller Holzskulpturen und Büchern gefüllt. Doch es waren keine Skulpturen, wie man sie so kennt: Alle Büsten waren gezeichnet von schlimmen Kriegsverletzungen, wulstigen Lippen, grob zusammengenähten Augenlidern, zerschossene Nasen. Starker Tobak, zumal diese noch ergänzt wurden durch zahlreiche Fotografien und Grafiken von "Reparaturen" am lebendigen Leib. 

Um Reparaturen geht es auch in der Einzelausstellung von Kader Attia, die dieser vergangene Woche im KW Institute for Contemporary Art in Berlin-Mitte eröffnet hat. Der Raum mit den Skulpturen und Bildern ist etwas kleiner als auf der documenta, doch auch hier spürt man mitunter einen Kloß im Hals. Nichts für schwache Nerven sind die großformatig gerahmten Anleitungen, wie man mit Hilfsmitteln Finger amputiert oder den Hals aufschneidet. 

Ginge es dem Künstler nur um bloße Schockmomente, so hätte er dieses Ziel ziemlich schnell erreicht - doch dem ist nicht so, betonte er auf der Pressekonferenz. Hinter der Ausstellung, die auch mit "Repair" betitelt ist, steckt eine Metaebene: Reparatur als Wiederaneignung von Bestandteilen fremder Kulturen oder aus dem Tierreich. So wirken die mit Spiegelsplittern beklebten afrikanischen Masken plötzlich nicht mehr wie Fetische ferner Völker, sondern wie Discokugeln. Auch ausgestopfte Eulen, Plattencover aus den 70ern und ein Tierfilm über piepsende Vögel gehören dazu. 

Läuft bis zum 25.August und ist Mittwoch bis Montag von 12 bis 19 Uhr sowie Donnerstag von 12 bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 6 Euro, 4 Euro ermäßigt (Donnerstags immer 4 Euro!)

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