Sonntag, 16. Mai 2010

Shakespeare im Schnelldurchlauf


Meyer Originals

"Hamlet? Ich dachte dass wäre ein Film mit Mel Gibson!"

Ich habe selten so lange und so laut gelacht, glaube ich. Anlässlich der letzten Theaterkritik für meinen werten Auftraggeber koeln.de besuchte ich gestern die Vorstellung von Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) im Theater der Keller. Die sind grundsätzlich für ihre grandiosen Inszenierungen bekannt (man denke an Fleisch ist mein Gemüse oder Maria Stuart) - und so wurde ich auch diesmal nicht enttäuscht.

Es klingt ja zunächst mal nach einem sinnlosen Unterfangen, alle Werke des großen Dichters in ein zweistündiges Theaterstück quetschen zu wollen: in den 37 Tragödien, Komödien und nicht genau einzuordnenden Dramen gibt es immerhin 1834 Rollen, auch 154 Sonette hat der Herr noch hinterher geschoben. Deshalb mussten die drei charmanten Schauspieler Robert Oschatz, André Würde und Markus Wilham das o'doeuvre des Barden in den metaphorischen Mixer stecken - heraus kamen rund 120 Minuten purer Lachflash, wenn man das so nennen darf.

Man muss nicht Literatur studiert haben, um dieses Stück in vollen Zügen zu genießen, aber logischerweise sollte man sich im Shakespear'schen Werk etwas auskennen. Bei Romeo & Julia (Julia hier als eher lüsterne Tussi, Romeo dagegen als weinerliches Mamasöhnchen) kommt sicherlich noch jeder mit. Aber wie steht es mit dem Königsdrama Titus Andronicus, bei dem Titus (inklusive Jean Pütz-Imitation "Isch hab da mal was vorbereitet") als blutrünstiger Fernsehkoch auftritt, der kurzerhand den Vergewaltiger seiner Tochter zu Hackbraten verarbeitet und dessen Eltern serviert? Oder die als spannendes Fußballspiel inszenierten - und somit leicht geschrumpften - Königsdramen ("König Richard ist an der Krone, aber nein, da kommt Richmond und schneidet ihm den Kopf ab")? Grandios auch die Darstellung von Hamlet, bei dem der Geist des ermordeten Königs wie Hui-Buh unter einem weißen Laken erscheint und Hamlet mitten in seinem dramatischen Selbstgespräch schreit "Dieser Monolog ist einfach nicht auszuhalten!"

Manchmal driftet das Stück ein wenig ins klamaukige ab, aber an den meisten dieser Stellen war ich bereits so stark mit kichern beschäftigt, dass es micht nicht weiter störte. Ich denke, dass ich jetzt nicht mehr erwähnen muss, dass ihr euch das Stück bitte alle bei nächster Gelegenheit anschaut, wenn ihr auch nur ein Fitzelchen übrig habt für englische Literatur - und großartiges Theater.

Im Mai wird das Stück noch am 16., 29. und 30. aufgeführt, aber ich bin mir sicher, dass viele weitere Termine folgen werden. Die Karten kosten 17 Euro und 12 Euro ermäßigt.

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