Freitag, 27. November 2009

Es lebe das Fragment.


© Boris Nikitin

Beim Theaterfestival Impulse kommen die besten deutschsprachigen Inszenierungen des Off-Theaters der vergangenen zwei Jahre auf die Bühne (in Bochum, Düsseldorf, Köln und Mülheim) - aber was nur soll ich aus dem Projekt "Woyzeck" machen, welches gestern Abend in der Alten Feuerwache aufgeführt wurde?

Ich gebe zu: Hätte ich das Programmheft im Vorfeld etwas genauer studiert, wäre ich nicht enttäuscht gewesen. Denn hier wurde mitnichten das - mich immer wieder faszinierende - Fragment aus der Feder Georg Büchners aufgeführt, sondern ein irrwitziges Kuddelmuddel aus Kunstnebel, schrillen Tönen und Auszügen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Wer da nicht textsicher war - aber das Publikum, zu 90 Prozent besetzt mit tuschelnden Abiturienten war es - hatte verloren. Einen roten Faden gab es nicht, aber gibt es das im Primärtext überhaupt? Darsteller Malte Scholz jedenfalls laberte und laberte wie ein Wasserfall, kam von Hölzchen auf Stöckchen und versuchte anhand wirrer Quassel-Fetzen die Diskussion um die "geistige Zurechnungsfähigkeit" wieder aufzurollen, die durch Büchners Fragment ja im eigentlichen Sinne erst begonnen wurde.

Gute Idee - doch auf viele Effekte hätte man gut und gerne verzichten können. Oder braucht es kreischendes Radiorauschen in fiesen Frequenzen, auf das Publikum gerichtete Nebelmaschinen und gleißendes Licht, um die Verwirrtheit und den Wahn des Woyzeck darzustellen? Vielleicht ja - zieht man in Betracht das der Schauspieler selber die vereinzelten Textpassagen so enthusiastisch vorlas, als halte er eine Packungsbeilage für Hustensaft in der Hand.

Tja. Meine Meinung ist wirr - jetzt hab ich die wundervolle Aufgabe, daraus eine lesbare Kritik zu basteln. Vielleicht schreibe ich ja nur ein Fragment, um die Form dieses Abends zu wahren?

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