Montag, 17. September 2012

//Prenzlauer Berg 1990//



Ich habe nur ganz vage Erinnerungen: Die DDR, das war ein anderes Land, unsere Ost-Verwandten sprachen komisch und fuhren ein hellblaues Auto mit fürchterlich ungemütlichen Sitzen, welches man per Hand durch die Straßen schieben konnte. Als die Mauer offen war, fuhren wir für ein paar Stunden über die Grenze - und ich sah riesige Schlaglöcher, bröselnde Häuser, alles war irgendwie grau. Es regnete. 

Ein etwas differenzierteres Bild über dieses Land, welches seit langem nicht mehr existiert und dennoch in den Köpfen weiterlebt, habe ich mir zusammen gezimmert, seit ich in Berlin lebe - im ehemaligen Ostteil der Stadt - und ganze Nächte lang den Erzählungen von Ur-Berlinern lauschte. 

Und mit diesem Film, den Petra Tschört­ner im Frühsommer 1990 im Prenzlauer Berg drehte. Behutsam interviewte sie die Menschen, die von der Wende und dem "bösen" Westdeutschland überrumpelt wurden, nach ihren Erfahrungen, Wünschen, Erinnerungen. Es ist eine eindrucksvolle Zeitreise in "meinen" Kiez, als sich die Toiletten noch im Hinterhof befanden, der Himmel durch die ganzen Kohleofen verrußt war und die Häuserfassaden noch nicht rosa, pastellgelb und hellblau angestrichen waren (wie jetzt). 

Und man zum tanzen ins "Knaack" ging, jenen legendären Club in der Knaackstraße, der den "real existierenden Sozialismus" überlebte, nicht aber überenthusiastische Neu-Prenzlberger aus dem Westen: Die klagten das Lokal vor zwei Jahren in Grund und Boden, weil sie sich in ihren schnöseligen Lofts vom nächtlichen Lärm belästigt fühlten. 

1 Kommentar:

Kati hat gesagt…

Danke für diesen großartigen Tipp zu einem ganz besonderen Dokuformat. Berührt mich umso mehr, als dass ich selbst ein Kind des Ostens bin. Dein Blog ist immer wieder eine gern gelesene Inputwunderkiste!