Samstag, 9. April 2011

Herr Torp und das Griebenschmalz-Eis



"Ich hätte gerne eine Kugel Griebenschmalz-Kirsch, einmal Mango-Wildbret und dazu Vanille Nummer vier. Sie können mir das auch direkt auf die Arme schmieren."

In das kleine Buch von Ron Winkler mit dem rätselhaften Titel "Torp" war ich bereits nach dem ersten Satz restlos verknallt: "Wie um sich mit Schwierigkeiten an ungewohnter Stelle zu überraschen, verwehrte sich Torp oft in den Morgenstunden zweihändig ausgeführter Tätigkeit." Das klingt abstrus, unsinnig und eigentlich total bekloppt - und zauberte mir sofort ein Schmunzeln ins Gesicht. Denn dieser Torp, um den sich das Buch dreht, hat auf den ersten Blick nicht alle Tassen im Schrank. Auf den zweiten Blick allerdings wahrscheinlich genauso viele bunte Exemplare wie ich, aus denen er täglich seinen Morgenkaffee schlürft.

Überhaupt: Hat nicht jeder von uns schon einmal aussichtslos versucht, sich selbst zu kitzeln oder den eigenen Ellenbogen mit der Zunge zu berühren, nur um der Wissenschaft zu beweisen, das es doch geht? (Was leider aber nie funktioniert) Eben. Und so denkt auch Torp mit voller Vorliebe nicht nur um die Ecke, sondern auch um Weggabelungen, Fahrbahnkreisel und Kurven herum. In seiner Freizeit beschäftigt er sich gerne damit, Sprichwörter und Aphorismen auf ihre inhaltliche Stimmigkeit zu kontrollieren oder arbeitet mit vollem Einsatz an der Formulierung eines Kategorischen Konjunktivs. Er träumt davon, dass sein Anrufbeantworter eine aufgezeichnete Nachricht in indirekter Rede wiedergeben könnte. Und ist stolz darauf, einer der wenigen zu sein, die mit einem Badeschaum auf Tortenguss-Basis bedeutende (oder unbedeutende) Baudenkmäler nachbauen können.

74 Kapitel umfasst das Hardcover-Buch, welches kürzlich im Verlagshaus J.Frank Berlin erschienen ist, manche davon umfassen eine ganze Seite, die meisten jedoch nur wenige Sätze. Jeder einzelne davon zergeht auf der Zunge wie Griebenschmalz-Eis, manchmal also etwas verwirrend, in der Basisnote jedoch äußerst schmackhaft. Lernen wir - die wir den ganzen Tag mit stupider Websurferei und anderen trägen Dingen verbringen - doch mal wieder, die Kuriositäten des Alltags zu sehen, die ungewöhnlichen Dinge herauszufiltern und den Gewohnheiten auf den Zahn zu fühlen: Das Buch hilft dabei. Und zusätzlich zu dem zuckersüßen Inhalt findet man auf fast jeder Seite auch noch eine wundervolle Illustration von Pètrus Akkordéon.

Ron Winkler, Torp. Verlagshaus J.Frank Berlin, 2010, Hardcover, 156 Seiten, 24,90 Euro.

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