Donnerstag, 14. Oktober 2010

Kindheitserinnerungen in schwarz-weiß


Mirko Tzotschew

Wo seid ihr aufgewachsen? Welche Dinge, Gerüche, Farben und Eindrücke verbindet ihr mit diesem Ort? Für die meisten von uns verliert der Heimatort mit den Jahren zwar jeglichen Glanz und Zauber der Kindheit, ist aber auch weiterhin erreichbar. Nicht für meinen Kollegen Mirko Tzotschew: Seine Kindheit verbrachte er in einer - für den Sozialismus damals sehr fortschrittlichen - Wohnsiedlung in der Moskauer Straße in Frankfurt/Oder. 2002 wurde der Abriss der gesamten Gebäudekomplexe bis 2007 beschlossen und machten eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln immer unmöglicher.

Deshalb hat Mirko dagegen gehalten. Über mehrere Jahre hinweg dokumentierte er den Zerfall der Siedlung und sprichwörtlich seiner Kindheitstage fotografisch. Doch es entstanden keine handelsüblichen schwarz-weiß Aufnahmen: Fotografiert wurde mit einer Polaroid Land Camera Automatic 100, das Positiv wurde nach dem Entwickeln vom Negativ getrennt und ohne Wasser und Fixierung sich selbst überlassen. Der Entwickler bleibt so auf den Bildern und sorgt nach und nach für eine langsame Zersetzung der Bilder - analog zu der Zerstörung der heimischen Plattenbausiedlung. In ein paar Jahren wird beides nicht mehr zu sehen sein.

Da der vollständige Rückbau der Siedlung letztendlich auf dieses Jahr verschoben wurde, hatte Mirko die Möglichkeit, vier ganze Serien anzufertigen. Die neueste davon - "Moskauer Straße 4" - zeigt er am kommenden Samstag, 16. Oktober ab 19 Uhr in der fmAB Galerie in Berlin-Mitte (Straßburger Straße 4). Der Eintritt ist frei.

1 Kommentar:

Dotti hat gesagt…

So weitsichtig, der junge Mann!

Gefällt mir als Sozialismus-Kind unheimlich gut. Leider kann ich's mir nicht angucken. Aber klopf' dem Mirko mal beherzt auf die Schulte, bitte.

Herzlichst: Dotti