Freitag, 19. Juni 2009

Zurückziehung aus der Welt



"Wir sind nicht daran gewöhnt, viele Gedanken daran zu knüpfen, daß der Mensch allnächtlich die Hüllen ablegt, die er über seine Haut gezogen hat, und etwa noch die Ergänzungsstücke seiner Körperorgane, soweit es ihm gelungen ist, deren Mängel durch Ersatz zu decken, also die Brille, falschen Haare, Zähne usw. Man darf hinzufüge, daß er beim Schlafengehen eine ganz analoge Entkleidung seines Psychischen vornimmt, auf die meisten seiner psychischen Erwerbungen verzichtet und so von beiden Seiten her eine außerordentliche Annäherung an die Situation herstellt, welche der Ausgang seiner Lebensentwicklung war.

Das Schlafen ist somatisch eine Reaktivierung des Aufenthalts im Mutterleibe mit der Erfüllung der Bedingungen von Ruhelage, Wärme und Reizabhaltung; ja viele Menschen nehmen im Schlafe die fötale Körperhaltung wieder ein. Der psychische Zustand der Schlafenden charakterisiert sich durch nahezu völlige Zurückziehung aus der Welt der Umgebung und Einstellung alles Interesses für sie." (Aus: Sigmund Freud, Metapsychologische Ergänzung zur Traumlehre, 1917)

Sigmund Freud war nicht nur ein großartiger Tiefenpsychologe, sondern obendrein auch noch ein wundervoller Poet! (Dieser Post hat keinen anderen Zweck, als euch dieses hübsche Zitat mitzuteilen, welches mir meinen Tag versüßt.)

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