Dienstag, 21. Mai 2013

//Der Mann mit dem Wachs//

In Berlin jagt ein Event das nächste und der Hype, der um so manchen Künstler gemacht wird, ist zunehmend anstrengend. Doch bei Anish Kapoor möchte ich gerne mithypen: Nur wenige Künstler schaffen es, Ekel und Faszination auf eine so ästhetische Art und Weise zu vereinen.

Wer den großen Lichthof im Martin-Gropius-Bau in Berlin betritt, blickt auf eine Szenerie, die an einen Science-Fiction-Film erinnert: Im Zentrum steht eine riesige knallrote Scheibe. Um sie herum sind drei Förderbänder gruppiert, die mit bedächtiger Langsamkeit eine zähe rote Masse transportieren, die am jeweiligen Ende in einen blutroten Haufen auf dem Boden klatscht. "Symphony for a Beloved Sun" heißt die Installation, die der in England lebende indische Künstler extra für das Berliner Museum entworfen hat.

Blutrot scheint die Lieblingsfarbe Kapoors zu sein, "glibberig" seine Lieblingskonsistenz. Ein Raum des Hauses ist mit amorphen Formen gefüllt, die mit einer dicken roten Wachsschicht überzogen sind (darunter befindet sich u.a. auch ein Gabelstapler), in einem anderen tummeln sich an Gedärme erinnernde Strukturen aus Harz und Pigmenten. Highlight der Ausstellung ist die Installation "Shooting in the Corner": Zu jeder vollen Stunde schießt eine Kanone roten Glibber an die gegenüber liegende Wand, an der sich schon eine Menge roter Glibber befindet. Während ich die Ohrenschützer am Eingang aufsetzte, fragte ich mich, wie besagte Wände wohl am Ende der Ausstellung (Ende November) aussehen werden - ob man das jemals wieder entfernt bekommt?

Kapoor ist gleichzeitig auch ein Meister der visuellen Verwirrung, als Besucher wird man nicht selten wahrnehmungstechnisch total hinters Licht geführt. Ist das dort wirklich ein großes schwarzes Loch im Boden, welches mich jederzeit einsaugen könnte? Nein, es ist tatsächlich nur ein erstaunlich dreidimensional und samtig wirkender Kreis aus Farbe. Ziemlich minimalistisch das Ganze und damit momentan genau mein Fall - wie schaut es bei euch aus?

Die Ausstellung "Kapoor in Berlin" läuft bis zum 24. November 2013 und ist Mittwoch bis Montag von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 11 Euro (ermäßigt 8 Euro) - es gibt auch Kombi-Tickets, mit denen ihr zusätzlich die empfehlenswerte "Kosmos Farbe. Itten-Klee" - Schau oder "Von Beckmann bis Warhol. Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Sammlung Bayer" besuchen könnt.

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