Donnerstag, 18. März 2010

Ich schreibe, also spiele ich.



Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn - Abstufungen dazwischen scheint es in Bezug auf die Person Benjamin von Stuckrad-Barre anscheinend nicht zu geben. Ich gehöre - und das nunmehr seit zehn Jahren - absolut bedingungslos der ersten, offenbar kleineren Fraktion an. Nun gut. Nicht dass ich sofort in den Buchhandel renne, sobald ein neuer Textband von ihm erscheint. Dafür hege ich meine vorhandenen Bände wie einen kleinen Schatz, würden sie verloren gehen, wären zahlreiche Unterstreichungen und Randnotizen unweigerlich dahin. Der Herr lächelte deshalb auch ein bisschen, als ich ihm nach seiner Lesung auf der lit.COLOGNE am Donnerstagabend nicht ein Exemplar seines neuesten Buches ("Auch Deutsche unter den Opfern"), sondern eine halb zerfledderte Ausgabe von "Remix 2: Festwertspeicher der Kontrollgesellschaft" vor die Nase hielt. "Auch ein gutes Buch", steht süffisant nun über seiner Edding-Unterschrift.

Stuckrad-Barre inszeniert sich, dass hat er schon immer getan. Ein Fehler wäre es allerdings, ihm dies als unangebrachte Arroganz zu Lasten zu legen: Welcher Autor inszeniert sich denn nicht? Ein gelegentlich großkotziger Rundumschlag der deutschen Gesellschaft schadet nicht, vieles davon findet sich sicherlich auch in den Gedanken von dir und mir wieder - nur veröffentlichen wir es eher selten bis gar nicht. Auch an diesem Abend (schon jetzt ein gefeierter Anwärter auf den lustigsten Abend des Jahres 2010) schlüpfte Stuckrad-Barre in seine gewöhnliche Rolle, kam mit Hemd, Weste und Krawatte auf die Bühne, paffte eine Zigarette nach der anderen. Zur Seite stand bzw. saß ihm dabei Christian Ulmen, der im Gegensatz zum schnieken Barre (Haare: exakt auf 3mm) etwas zerzaust und bärtig aussah, aber dafür doppelt so charmant agierte. Gemeinsam lasen sie aus Barres neuen Texten, erzählten Anekdoten, die eigentlich nur mit Situationskomik funktionieren und machten sich lustig über den Literaturbetrieb.

Nur ungern musste ich feststellen, dass anderthalb Stunden wundervolle Lesung wie im Flug vorbei gingen und das Schiff - ja, die Lesung fand auf einem Schiff statt - wieder in der Kölner Altstadt anlegte. Und sehe mich bestärkt darin, auch in Zukunft mit vollem Ernst hinter meiner Ansicht zu stehen: Benjamin von Stuckrad-Barre ist ein großartiger Journalist und Autor. Punkt.

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